Drei Explosionen wecken am frühen Morgen des vergangenen Mittwochs die Bewohner eines beschaulichen Wohngebiets in Horn-Bad Meinberg. Gegen vier Uhr haben Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) aus Bielefeld die drei Irritationsgranaten gezündet und fordern mit Lautsprecherdurchsagen: „Herr K., kommen sie mit erhobenen Händen raus.“

Die Angehörigen des SEK sollen nach dem Auslösen der Granaten zunächst in eine falsche Wohnung gestürmt sein. Zuvor sollen sie mit einem Rammbock die Wohnungstür aufgebrochen und zusätzlich noch zahlreiche Fensterscheiben zertrümmert haben. Den Mieter der Wohnung sollen die Polizisten zu Boden geworfen und mit Kabelbindern gefesselt haben.

Einige Zeit später soll ein Kripobeamter die Wohnung betreten und festgestellt haben, dass der am Boden liegende Mann nicht der gesuchte Tim K. sei. Daraufhin hätten die SEK-Polizisten die Kabelbinder durchschnitten und sich kommentarlos und ohne Entschuldigung entfernt.

Im zweiten Anlauf sollen die Beamten die Wohnung von Tim K. im selben Haus gestürmt haben. Im Gespräch erklärte Tim K., dass er sich zum Zeitpunkt der Explosionen und der Lautsprecherdurchsagen auf den Boden in seiner Wohnung geworfen und immer wieder „Hier bin ich“ gerufen habe.

Der Grund für den SEK Überfall: Tim K. ist ehemaliger SEK-Beamter und heute Rocker der Gruppierung „Brothers”, angeblich soll er eine scharfe Schusswaffe in seiner Wohnung haben.

Das eigenartige an dem Zugriff: Vor einer Woche hat Tim K. ein Buch veröffentlicht. In „Vergeltung – Rache verjährt nicht” beschuldigt er Polizeibeamte, in einem Mordfall bewusst falsch ermittelt zu haben, um einen V-Mann zu schützen. Tim K.:„Deshalb sitzt nun ein Unschuldiger lebenslang im Gefängnis.”

Rückblick: 2005 wird im Weserkanal eine Leiche gefunden, hingerichtet mit zwei Kopfschüssen. Die Leiche war umwickelt mit Maschendraht und beschwert mit Flacheisen. Als Verdächtigen hatten die Ermittler Carsten B. im Visier, er war damals Kopf einer Einbrecherbande, zu dem auch das Opfer gehörte.

Doch beweisen konnten sie ihm den Mord nicht, er musste allerdings wegen der Einbrüche ins Gefängnis. Dort soll er dann einem Mitgefangenen den Mord gestanden haben. Obwohl dieser Zeuge verurteilter Betrüger ist, glaubte das Gericht dem Knacki und verurteilte Carsten B. ohne weitere Beweise zu lebenslang wegen Mordes.

Tim K. war damals aus der Polizei geworfen worden, weil er einen privaten Feldzug gegen Rotlichtgrößen gestartet hatte. Er wollte eine Hure aus deren Fängen befreien, weil er sich in die Frau verliebt hatte. Dabei geriet er einem V-Mann der Polizei in die Quere.

Prompt saß Tim K. monatelang in U-Haft, später wurde er aber lediglich wegen Körperverletzung verurteilt. Trotzdem musste er den Polizeidienst quittieren. Danach schrieb Tim K. sein erstes Buch „Treibjagd”. Dort berichtete er von illegalen Machenschaften innerhalb der Polizei und einseitigen Ermittlungen.

„Nach Veröffentlichung des Buches erreichte mich der Brief eines Polizisten, der das alles bestätigte und mir sogar sagte, es sei alles noch viel schlimmer. Der betreffende V-Mann der Ermittler der Organisierten Kriminalität sei in Wirklichkeit der Mörder, solle aber geschützt werden, man habe ihn sogar bewusst aus den Akten herausgelassen. Den Einbrecher habe man lediglich als Bauernopfer benutzt. Ich bin diesen Vorwürfen mit meinem Anwalt nachgegangen, habe Zeugen gesprochen, ich war ja schließlich selbst mal Polizist.”

Die Ergebnisse seiner Recherchen präsentiert Tim K. seit einer Woche in seinem neuen Buch.

„Und offenbar bin ich damit in ein Wespennest gestoßen. Anders kann ich mir den martialischen Polizeieinsatz nicht erklären. Natürlich haben die SEK-Beamten bei mir keine scharfe Pistole gefunden, dafür haben sich die 16 Ermittler der Organisierten Kriminalität aber brennend für meine Buchaufzeichnungen interessiert und besonders den anonymen Brief, in dem mir geschrieben wurde, dass der V-Mann der Mörder war. Sie haben auch alles fotografiert. Die wollen mich offenbar einschüchtern und gleichzeitig herausfinden, wer mir den Brief mit den Informationen geschickt hat, diese Person ist ja für sie gefährlich.”

Tim K. will jetzt über seinen Anwalt herausfinden, wie die Polizei auf die Idee kam, er habe eine scharfe Waffe. „Dann werde ich möglicherweise Anzeige wegen falscher Anschuldigung erstatten. Und einschüchtern lasse ich mich nicht. Ich will, dass die Wahrheit endlich ans Tageslicht kommt.”